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Von potenziertem Nichts, gleichem Gehalt für alle und doppelblinden Studien

Erfahren Sie mehr über homöopathische Arzneimittel und die homogene Verteilung winziger Wirkstoffmengen.

22.01.2020

 

Bevor heute ein Arzneimittel auf den Markt gebracht werden darf, muss es erfolgreich ein Zulassungsverfahren durchlaufen haben, bei dem die therapeutische Wirksamkeit und die Unbedenklichkeit durch die zuständige Behörde geprüft werden. Es gibt allerdings auch Mittel, die ohne Wirksamkeitsnachweis, aber dennoch mit Indikationsansprüchen vertrieben werden dürfen: Die homöopathischen Arzneimittel. Die Systematik dieser Zubereitungen wurde Ende des 18. Jahrhunderts von dem deutschen Arzt Samuel Hahnemann entwickelt. Danach heilt Ähnliches Ähnliches, das heißt, eine Krankheit wird mit Mitteln behandelt, die bei einem gesunden Menschen die gleichen Symptome hervorrufen, wie sie bei dem Kranken zu beobachten sind („Homöopathie“, nach griechisch homoion für "ähnlich" und pathos für "Leiden").

Da viele der eingesetzten Stoffe in Reinform der Gesundheit abträglich sind, werden sie nach bestimmten Vorgaben verdünnt. Dabei geht die homöopathische Lehre von der erstaunlichen Annahme aus, dass die Wirkstärke mit der Verdünnung zunimmt („Potenzierung“). Höhere Potenzen gelten daher als die stärkeren Arzneien – und das, obwohl sie extrem wenig oder gar nichts mehr vom ursprünglichen „Wirkstoff“ enthalten. Alle bisher erdachten Erklärungen widersprechen den allgemein anerkannten Regeln der Physik und der Chemie [1], und auch nach 200 Jahren gibt es keinen wissenschaftlich haltbaren Beleg dafür, dass homöopathische Mittel eine über den Placeboeffekt hinausgehende spezifische Wirkung entfalten [2, 3].

Dennoch wurden im Jahr 2018 in Deutschland etwa 670 Millionen Euro mit homöopathischen Mitteln umgesetzt, erneut ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Die Anhänger Hahnemanns mussten in der letzten Zeit allerdings einige Rückschläge hinnehmen: Die französische Regierung folgt jetzt dem Beispiel Australiens, Russlands und Großbritanniens und wird die Erstattung der Kosten für homöopathische Mittel ab 2021 beenden. In den USA müssen freiverkäufliche Homöopathika den Hinweis tragen, dass kein wissenschaftlicher Beleg für die Wirksamkeit existiert und die beanspruchten Wirkungen auf Theorien des 18. Jahrhunderts beruhen [4]. Dabei ist die Einnahme der vermeintlich „ganzheitlich“ oder „sanft“ wirkenden Mittel keineswegs immer unbedenklich, wenn dadurch etwa auf die rechtzeitige und angemessene Therapie einer ernsthaften Erkrankung verzichtet wird. Es gibt sogar den Verdacht von direkten gesundheitlichen Beeinträchtigungen bis hin zu Todesfällen, beispielsweise bei Kleinkindern, verursacht durch Zahnungstabletten mit Belladonna (Tollkirsche) D12. Nach Angaben des Herstellers sollten die in den USA vertriebenen Tabletten, die theoretisch auf einer Verdünnung der Basiszubereitung im Verhältnis  1 : 1 000 000 000 000 (!) beruhen, nur 0.0000000000002 mg (0,2 Femtogramm) der potentiell giftigen Belladonna-Alkaloide enthalten. Eine Stichprobenkontrolle durch die FDA fand jedoch in einzelnen Tabletten die millionenfache Dosis [5].

Damit enthielten diese Prüfmuster zwar immer noch keine akut toxischen Mengen, weisen aber auf ein generelles Problem der Pharmazeutischen Technologie hin: Die homogene Verteilung sehr kleiner Wirkstoffmengen in festen Darreichungsformen wie Pulver, Kapseln und Tabletten. Hochwirksame Substanzen wie z. B. Hormone sind häufig nur in Mengen von wenigen Mikrogramm in der abgeteilten Arzneiform enthalten, entsprechend einem relativen Anteil von 0,03% bis 0,1%. Ungeeignete Korngrößenverteilungen oder Entmischungseffekte können dann schnell dazu führen, dass der Gehalt der einzelnen Tabletten oder Kapseln sehr unterschiedlich ist. Dieses Problem besteht nicht, wenn der Wirkstoff als homogene Lösung dosiert werden kann. Viele Wirkstoffe sind jedoch vor allem in wässriger Lösung nicht lagerstabil. Hier bieten sich zwei Auswege an, bei denen Harro Höfliger mit passendem Equipment behilflich sein kann.

Seit längerem bereits besteht die Möglichkeit, Hartkapseln mit flüssigen oder halbfesten, nichtwässrigen Formulierungen zu befüllen. Mit den Dosierpumpen der Modu-C Kapselfüllmaschinen gelingt dies mit guter Präzision und über einen großen Viskositätsbereich. (Dass im Gegensatz zum Tablettieren dabei keine Staubentwicklung auftritt, ist besonders bei hochwirksamen Substanzen ein willkommener Nebeneffekt!) Darüber hinaus gibt es heute Dosiersysteme, die extrem kleine Flüssigkeitsmengen hochgenau dosieren können und ähnlich wie die bekannten Inkjetdrucker funktionieren. Da bietet es sich an, geeignete neutrale Träger mit einer Lösung des Wirkstoffs zu versehen und anschließend das Lösungsmittel zu entfernen. Eine sehr elegante Variante ist das Bedrucken von wasserlöslichen Polymerfilmen (Oral Dissolving Film, ODF), wobei die Dosiermenge sogar in-line mit geeigneten analytischen Methoden überprüft werden kann [6]. Harro Höfliger als Hersteller dafür geeigneter bahnverarbeitender Maschinen ist an mehreren solchen Projekten beteiligt.

Doch auch wenn nachprüfbare und therapeutisch plausible Wirkstoffmengen im „allopathischen“ Arzneimitel enthalten sind, kann für die Wirkung der Präparate beim Patienten der zu Beginn erwähnte Placeboeffekt nicht ausgeschlossen werden. Der muss in sogenannten randomisierten Doppelblindstudien quantifiziert werden, wann immer die Gabe eines Placebos ethisch zu vertreten ist. Da weder der Patient noch der Prüfarzt erkennen dürfen, ob das verabreichte Medikament den zu prüfenden Wirkstoff, ein Referenzprodukt oder ein Placebo enthält, muss die Darreichungsform sensorisch „verblindet“ werden.

Ein recht elegantes Verfahren für perorale Formen wie Tabletten oder Kapseln, welches die Eigenschaften der Produkte i.d.R. nicht verändert, ist das „Verstecken“ in Hartkapseln und das akustische Verblinden durch eine zusätzliche Pulverdosierung („Backfill“). Zur Sicherheit können noch spezielle, schwer zu öffnende Kapselvarianten („DB Caps“) verwendet werden oder die Kapseln werden nach dem Befüllen banderoliert, also sozusagen mit einem Originalitätsverschluss versehen. Auch hier kann Harro Höfliger weiterhelfen, denn die Familie der Modu-C Kapselfüller kann nicht nur die ungewöhnlichen Leerkapseln handhaben, sondern bietet auch verschiedene Module zur zerstörungsfreien Zuführung und präzisen Vereinzelung der vielfältigen Prüfmedikationen.

 

 

 

[1]          Martin Lambeck: Irrt die Physik ? C.H. Beck, München (2003).

[2]          NHMRC Information Paper: Evidence on the effectiveness of homeopathy for treating health conditions, National Health and Medical Research, March 2015 https://www.nhmrc.gov.au/sites/default/files/images/nhmrc-information-paper-effectiveness-of-homeopathy.pdf.

[3]          Homeopathic products and practices: Assessing the evidence and ensuring consistency in regulating medical claims in the EU, EASAC European Academies' Science Advisory Council, 18.09.2017 https://issuu.com/easaceurope/docs/easac_homepathy_statement_web_final.

[4]          Enforcement Policy Statement on Marketing Claims for OTC Homeopathic Drugs Federal Register  Vol. 81, No. 239 (December 13, 2016) 90122-23.

[5]          https://www.fda.gov/drugs/information-drug-class/laboratory-analysis-homeopathic-teething-tablets  (letzter Zugriff: 01.08.2019).

[6]          Vakili, Hossein: Application of analytical techniques in quality control of printed pharmaceutical dosage forms. Åbo Akademi University (2018).

 

 

Von Dr. Karlheinz Seyfang

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